Futtermischungen für Hunderfüßer # Von: Marcel K.
Da Hundertfüßer nicht auf lebende, sich bewegende Beute angewiesen sind – wie zum Beispiel Vogelspinnen und Skorpione – haben wir die Möglichkeit, die Ernährung der Tiere mit Futtermischungen zu optimieren. Es ist bereits bekannt, dass es zwar einige Nahrungsspezialisten bei Hundertfüßern gibt, wie zum Beispiel Scolopendra gigantea1, Scolopendra paradoxa2 oder Edentistoma octosulcatum3, dennoch ist ein Großteil der Arten weniger wählerisch, vor allem bei der Auswahl proteinreicher Nahrung 45678. Auch wurde die Aufnahme pflanzlicher Nahrung (Laub und Obst) mehrfach beobachtet910.
Was bringt eine Futtermischung? #
Ernährungsbalance: Futtermischungen können so zusammengestellt werden, dass sie eine ausgewogene und vielfältige Ernährung bieten, die alle notwendigen Nährstoffe in den richtigen Verhältnissen mit nur einer Fütterung enthält. Dies ist besonders wichtig, um sicherzustellen, dass Tiere alle benötigten Vitamine, Mineralstoffe, Proteine, Fette und Kohlenhydrate erhalten.
Zielgerichtete Ernährung: Je nach Art, Alter, Gesundheitszustand oder weiteren spezifischen Anforderungen können Futtermischungen an die Bedürfnisse angepasst werden. Zum Beispiel kann mehr Fleisch für Arten, die auch in freier Natur bevorzugt kleine Wirbeltiere fressen, oder eine Zugabe von Krabbenfleisch für S. paradoxa enthalten sein.
Prävention von Mangelerscheinungen: Durch die Verwendung von Futtermischungen können Mangelerscheinungen bei Tieren vermieden und das Wohlbefinden gesteigert werden. Setzt man die Futtermischung relativ feucht an, kann gleichzeitig auch der Flüssigkeitsbedarf der Tiere gedeckt werden.
Steigerung der Futterakzeptanz: Futtermischungen können so formuliert werden, dass sie die Akzeptanz bei Tieren fördern. Dies ist wichtig, um sicherzustellen, dass die Tiere ihre Mahlzeiten gerne fressen und alle notwendigen Nährstoffe aufnehmen. Dies gilt besonders für Obst, welches nicht immer sofort als Nahrung angenommen wird. Des Weiteren ist die Zugabe von Vitamin- und Mineralpulver deutlich kontrollierter und effektiver. Zusätzlich können mit Futtermischungen auch erkrankte Tiere ernährt werden, die nicht in der Lage sind, aktiv zu jagen (z.B. aufgrund von Mykosen an den Maxillen und Mandibeln).
Hinzu kommt, dass die hergestellte Futtermischung sich gut einfrieren lässt und somit auf Vorrat gelagert und nach Bedarf aufgetaut und verfüttert werden kann.
Was kommt alles rein? #
Bisher gibt es noch kein “ultimatives Rezept” für Futtermischungen, einfach aufgrund der Tatsache, dass die Ernährung von Hundertfüßern sowohl allgemein als auch auf Artebene bisher eher mangelhaft erforscht ist. Hinzu kommt, dass immer wieder neue, unbeschriebene Arten im Hobby auftauchen, über die allgemein kaum Informationen zur Ernährung, zum Habitat, zur Lebensweise, etc. bekannt sind. Dies wiederum bedeutet, dass man, wenn man auf Nummer sicher gehen möchte, zunächst das verwenden sollte, was bisher von Hundertfüßern als Nahrung angenommen und vertragen wurde (siehe Übersicht an nachgewiesenen, angenommenen Futtertieren). Erst durch Studien, den Austausch mit anderen Hundertfüßer-Haltern oder eigene Beobachtungen lässt sich das Spektrum erweitern.
Grillen Schaben und Pachnoda-Larven/Puppen kann man auf Börsen oder Tierfutterbedarf kaufen oder aber auch selber züchten. Getrocknete Gammarus bekommt man ebenfalls im Tierfutterbedarf, i.d.R. in der Abteilung für Fischfutter, Pinkys und Eintagsküken des Öfteren in der Abteilung für TK-Futter. Maden bzw. Fliegenpuppen und Tauwürmer kann man im Angelbedarf erwerben.
Zu beachten beim Herstellen und Verfüttern #
- Da u.a. mit rohem Fleisch (Pinkys, Eintagsküken etc.) gearbeitet wird, sollte man am besten eigene, ausschließlich dafür verwendete Utensilien (Messer, Schneidebrett, Mörser / Gemüsezerkleinerer) verwenden, die am Ende gründlich gereinigt werden.
- Der Anteil pflanzlicher Bestandteile sollte nicht größer sein als der Anteil tierischer Bestandteile, da die Mischung ansonsten möglicherweise verschmäht wird.
- Bestimmte Insekten wie z.B. Käferlarven (Buffalowürmer, Mehlwürmer, Pachnoda11) haben einen hohen Fettgehalt und sollten in der Mischung sparsam verwendet werden.
- Verwendetes Obst und Gemüse sollten frei von Pestiziden sein und geschält werden.
- Das Fleisch lässt sich im gefrorenen Zustand deutlich besser zerkleinern.
- Verwendetes Fleisch und Futtermischung sollten nicht mehrmals aufgetaut und wieder eingefroren werden.
- Vor dem Ansetzen größerer Mengen sollte man zunächst im Kleinen testen, ob die Mischung auch angenommen wird.
- Die Mischung sollte am besten abends verfüttert werden, und übriggebliebene Reste sollten spätestens nach 24 Stunden wieder aus dem Terrarium entfernt werden.
Beispielmischung #
Tierische Bestandteile
- 6 Steppengrillen, zerkleinert (ohne Beine u. Flügel)
- 3 Waldschaben, zerkleinert (ohne Beine u. Flügel)
- 15 Bananenschaben, zerkleinert
- 2 Teelöffel getrocknete Gammarus (Bachflohkrebse)
- 20 Fliegenpuppen
- 1 Pachnoda-Puppe, zerkleinert
- 2 Tauwürmer, zerkleinert und gekocht (Gürtel/Clitellum entfernen)
- 2 Babymäuse Pinkys, zerkleinert
- 1 Esslöffel Fleisch von Eintagsküken, zerkleinert (ohne Federn u. Knochen)
Pflanzliche Bestandteile
- 1-2 cm Stück Banane
- 1 cm Stück Kiwi
- 1 cm Stück Karotte, weichgekocht
- 1-2 cm Stück Süßkartoffel, weichgekocht
Zusätze
Msp Vitaminpulver
Msp Spirulinapulver
Alle Zutaten werden im Mörser zerstoßen und vermengt. Größere Mengen lassen sich auch im Gemüsezerkleinerer zerkleinern und vermischen. Größere Chitinreste von Puppen oder Schaben müssen nicht speziell zerkleinert werden. Diese werden von den Hundertfüßern sorgfältig ‘aussortiert’. Bisher wurde die Mischung von folgenden Arten gut bis sehr gut angenommen:
- Ethmostigmus pygomenasoides
- Scolopendra alternans
- Scolopendra cingulata
- Scolopendra dehaani
- Scolopendra morsitans
- Scolopendra oraniensis
- Scolopendra sp. Malaysian jewel
- Scolopendra sp. Toraja
- Scolopendra subspinipes
Molinari, J., Gutiérrez, E. E., Ascenção, A. A., Nassar, J. M., Arends, A., & Márquez, R. J. (2005). Predation by giant centipedes, Scolopendra gigantea, on three species of bats in a Venezuelan cave. Caribbean Journal of Science, 41(2), 340-346. ↩︎
Domenech, C., Barbera, V. M., & Larriba, E. (2018). A phylogenetic approach to the Philippines endemic centipedes of the genus Scolopendra Linnaeus, 1758 (Scolopendromorpha, Scolopendridae), with the description of a new species. Zootaxa, 4483(3), 401-427. ↩︎
Vahtera, V., & Edgecombe, G. D. (2014). First molecular data and the phylogenetic position of the millipede-like centipede Edentistoma octosulcatum Tömösvary, 1882 (Chilopoda: Scolopendromorpha: Scolopendridae). PLoS One, 9(11), e112461. ↩︎
Rosenberg (2009): “Die Hunderfüßer, Chilopoda” ↩︎
Mirza, Z. A., & Ahmed, J. J. (2009). Note on predation of Calliophis melanurus Shaw, 1802 (Serpents: Elapidae) by Scolopendra sp. Hamadryad, 34(1), 166. ↩︎
Arsovski, D., Ajtić, R., Golubović, A., Trajčeska, I., Đorđević, S., Anđelković, M., … & Tomović, L. (2014). Two fangs good, a hundred legs better: juvenile viper devoured by an adult centipede it had ingested. Ecologica Montenegrina, 1, 6-8. ↩︎
Deimezis-Tsikoutas, A., Kapsalas, G., & Pafilis, P. (2020). A rare case of saurophagy by Scolopendra cingulata (Chilopoda: Scolopendridae) in the central Aegean Archipelago: A role for insularity. Zoology and Ecology, 30(30), 48-51. ↩︎
Lewis, J. G., Daszak, P., Jones, C. G., Cottingham, J. D., Wenman, E., & Maljkovic, A. (2010). Field observations on three scolopendrid centipedes from Mauritius and Rodrigues (Indian Ocean) (Chilopoda: Scolopendromorpha). International Journal of Myriapodology, 3(1), 123. ↩︎
Guizze, S. P., Knysak, I., Barbaro, K. C., Karam-Gemael, M., & Chagas-Jr, A. (2016). Predatory behavior of three centipede species of the order Scolopendromorpha (Arthropoda: Myriapoda: Chilopoda). Zoologia (Curitiba), 33. ↩︎
Lawrence, T. C. (1934). Notes on the feeding habits of Scolopendra subspinipes Leach (Myriopoda). ↩︎
Rumpold, B. A., & Schlüter, O. (2015). Insect-based protein sources and their potential for human consumption: Nutritional composition and processing. Animal Frontiers, 5(2), 20-24. ↩︎